Geige oder Bratsche lernen? Vergleich, Unterschiede & Entscheidungshilfe

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Viele sind verwundert: Geige? Bratsche? Ist das nicht dasselbe? Die Instrumente stammen zwar aus einer Familie, dennoch unterscheiden sie sich. Manche halten es für einfacher, Bratsche zu lernen. Andere meinen, man solle mit Geige beginnen. Viele schwärmen vom dunklen, vollen Ton der Bratsche. Andere schätzen den Klang der Violine. Sieht man die Instrumente vor sich, fragt man sich, ob es nicht völlig egal sei, ob man Geige oder Bratsche lernt. Doch ganz gleich ist es nicht. Bevor man sich für ein Instrument entscheidet, sollte man sich mit beiden gründlich beschäftigen, um ihre Vorzüge und Nachteile kennenzulernen.

Geige oder Bratsche? Wo liegt der Unterschied?

Beide Instrumente gehören zur Familie der Streicher. Der äußere Aufbau ist ähnlich. Der geschwungene Resonanzkörper, der Korpus hat jeweils zwei Schalllöcher und einen Kinnhalter. Im oberen Teil laufen Geige und Bratsche in Hals, Griffbrett, Wirbelkasten und Schnecke aus. Von beiden Instrumenten gibt es viertel, halbe und ganze Varianten, die der Größe des Spielers angepasst sind. Die Bratsche ist generell größer als die Geige.

Die 4 Saiten der Geige heißen G, D, A und E. Die G-Saite ist die tiefste Saite der Geige. Die Bratsche hat ebenfalls 4 Saiten, doch diese heißen c, g, d‘ und a‘. Die Saiten sind immer im Abstand einer Quinte gestimmt. Dabei entsprechen die Bratschensaiten g, d‘ und a‘ klanglich den G-, D-, A-Saiten der Geige. Während die Geige mit ihrer E-Saite noch eine Quinte in der Höhe hat, verfügt die Bratsche über eine c-Saite, die eine Quinte tiefer liegt.

Das ist bereits der wesentliche Unterschied zwischen den Instrumenten: Die Geige klingt höher und hat einen höheren Stimmumfang, die Bratsche klingt mit ihrem tieferen Stimmumfang tiefer und voller. Durch den größeren Resonanzkörper wird der volle Klang unterstützt. Anfängerinstrumente werden bei beiden Instrumenten in der Regel mit robusten, langlebigen Kunststoffsaiten bespannt. Darmsaiten werden für die historische Aufführungspraxis genutzt und sind für den Anfangsunterricht weniger geeignet.

Der Bogen der Geige ist leichter als der der Bratsche. Gespielt werden beide Instrumente mit gleicher Technik. Doch während die Noten für Geiger im als normal empfundenen G-Schlüssel stehen, muss bei der Bratsche umgedacht werden: Hier stehen sie im C-Schlüssel.

Berühmte Geiger und Bratschisten

Auf Anhieb fallen einem eine ganze Reihe berühmter Geiger ein. Angefangen bei Niccolò Paganini über Pablo de Sarasate, David Oistrach, Yehudi Menuhin, Jascha Heifetz, Isaac Stern und Gidon Kremer im klassischen Bereich hat sich die Geige auch im Crossover und in der Popkultur durchgesetzt. David Garrett rockt ganze Stadien, Sandro Roy begeistert das junge Jazz-Publikum mit Bebop und Bossa, Daniel Hope steht mit Sting auf der Bühne.

Bratscher haben es deutlich schwerer. Sie stehen eher in der 2. Reihe und werden von der Öffentlichkeit nicht im gleichen Maße wahrgenommen wie ihre virtuosen Kollegen mit den großen Soloparts. Komponist Paul Hindemith war Bratschist und verfügte über eine reiche Kammermusik-Erfahrung, William Primrose reüssierte im London String Quartett, Richard Goldner tat sich in der Kammermusik hervor. In der Gegenwart finden sich auch viele Bratschisten in der Crossover-Kultur. Beispiele sind Multitalent John Cale, einst bei Velvet Underground, oder Kim Kashkashian, die mit Größen wie Jan Garbarek und Keith Jarrett arbeitete.

Stücke für Geige und Stücke für Bratsche

Berühmt sind die Violinkonzerte von Bach. Das Violinkonzert a-Moll ist legendär. Jeder kennt auch die großen Violinenparts in den Brandenburgischen Konzerten. Beethoven komponierte für die Geige sein Violinkonzert in D-Dur. Brahms hat ebenfalls ein Violinkonzert in D-Dur komponiert, viele Stücke von Max Bruch sind der Geige gewidmet. Bis in die Gegenwart zieht sich die Begeisterung für die Geige: Philip Glass legte bisher zwei Violinkonzerte vor.

Wenn auch weniger bekannt, so hat auch die Bratsche ihre Soloauftritte. Johann Sebastian Bach widmet ihr einen Teil im 6. Brandenburgischen Konzert, Telemann schrieb ein Konzert für Bratsche in G-Dur, von Strawinski gibt es die Elegie für Solo Viola. In der Kammermusik ist die Bratsche unverzichtbar und sie ist ebenso wie die Violine ein Orchesterinstrument.

Allgemeine Voraussetzungen zum Erlernen von Geige oder Bratsche

Geige
Photo by Baher Khairy on Unsplash
Das Spielen eines Instruments zu erlernen, ist eine wundervolle Aufgabe und ein Langzeitprojekt. Der Anfang ist tatsächlich eine Herausforderung, denn der schöne Klang von Geige und Bratsche entsteht nicht ohne Übung. Geige oder Bratsche spielen lernen, kann man in fast jedem Alter, als Kita-Kind und als Erwachsener. Körperliche Größe und Auffassungsgabe spielen dabei eine Rolle. Theorie- und Notenkenntnisse erwirbt man mit der Zeit. Streichinstrumente wie Geige, Bratsche oder Cello gelten als schwierig zu erlernende Instrumente, doch mit Geduld und Ausdauer sind sie für jeden, der spielen lernen möchte, zu meistern.

Die 5 wichtigsten Voraussetzungen

  1. Liebe zur Musik, Spaß und Freude am Musizieren sind die wichtigste Voraussetzung, um ein Instrument zu lernen. Kinder, die gerne singen, tanzen und Musik hören, äußern irgendwann den Wunsch, ein Instrument näher kennenzulernen. Wird in der Familie musiziert, liegt das Ausprobieren nahe. Hat man kein Instrument zu Hause, sind Konzertbesuche eine gute Möglichkeit, sich mit der Welt der Instrumente vertraut zu machen und sein Lieblingsinstrument zu finden. Freude und Interesse sind wichtige Motivationen, um Geige, Bratsche oder jedes andere Instrument zu erlernen.
  2. Die körperlichen Voraussetzungen bestehen in der Länge der Arme, der Größe der Hände, der Länge der Finger. Geige und Bratsche müssen sich gut greifen lassen, sodass alle Saiten erreicht werden. Um die komplexen Bewegungen zu erlernen, braucht man eine bestimmte Körpergröße. Mit einer Sechzehntel-Geige können schon Dreijährige beginnen. Die Armlänge sollte etwa 35 Zentimeter betragen. Bratschen gibt es erst als Viertel-Bratschen für eine Armlänge ab etwa 42 Zentimeter. Geige und Bratsche sollten sorgfältig angepasst werden, damit ein sauberes Erlernen der Spieltechnik möglich ist. Eine Altersgrenze nach oben hin, gibt es nicht.
  3. Übung ist der Schlüssel zum Geigen- oder Bratschenspiel. Regelmäßig sollte geübt werden. Am besten ein Mal täglich. Die Übungszeit passt man dem Alter entsprechend an. Kleinere Kinder können mit 10 bis 15 Minuten beginnen. Für Laien ist eine Stunde am Tag ausreichend. Tägliches Üben wirkt wie ein Training im Fitnessstudio: Die Muskelpartien bilden sich aus, die Gelenkigkeit wächst, Routinen stellen sich ein. Hinzu kommen die kognitive und die auditive Leistung.
  4. Ein Instrument muss zur eigenen Körpergröße passen und einen klanglichen Standard erfüllen. Im täglichen Üben geht man mit dem Instrument und seinem Klang um. Das eigene Gehör richtet sich danach aus. Gerade Kinder sollten daher auf wertigen Instrumenten lernen. Anfängerinstrumente entsprechen oft nicht diesem Niveau. Sie werden meist zur Probe angeschafft. Doch gerade in dieser Phase können sich entscheidende Fehler einschleichen, die Gehör und Aufnahmefähigkeit zukünftig prägen. Eine Alternative sind gute Leihinstrumente, wie sie von verantwortungsbewussten Geigenbauern, Musikschulen und Lehrern bereitgestellt werden. Gegen eine monatliche Miete erhält man so ein passendes, hochwertiges Instrument.
  5. Der richtige Lehrer ist ebenfalls eine Voraussetzung für das nachhaltige Erlernen eines Instruments. Wer hier auf konsumentenfreundliche Musikschulen, preiswerte Aushilfslehrer oder Videos setzt, wird langfristig keine Freude am eigenen Spiel haben. Ausgebildete Geigen- und Bratschenlehrer findet man an kommunalen Musik- und Hochschulen. Sie verfügen über einen Studienabschluss und das notwendige Know-how, um Kinder und Erwachsene erfolgreich zu unterrichten.

Geige lernen – Pro & Contra

Die tiefe Bewegung, die einen beim Klang einer Geige erfasst, die Möglichkeit, Emotionen durch das Spiel auszudrücken, die Virtuosität verbinden sich bei vielen mit dem Geigenspiel. Hinzu kommt das Prestige. Die Geige gilt als schwierig zu erlernen und wird schnell mit Intelligenz und Willensstärke assoziiert. Sie ist das Paradeinstrument der Wunderkinder.

Pro

  • Für die Geige sprechen ihr heller Klang, das breite Repertoire, die Möglichkeit sowohl alleine als auch mit anderen zusammen zu spielen.
  • Da der Bogen leichter und etwas kürzer, das Instrument vom Gewicht gleichfalls etwas leichter und von der Größe handlicher ist, gilt die Geige als leichter zu erlernen und leichter zu spielen. Kraft und Druck sind geringer als beim Bratschenspiel.
  • Für die Geige wird seit Jahrhunderten komponiert. Musikstücke aus der Klassik finden sich ebenso wie aus der Popkultur und der Rockmusik.

Für die Geige sprechen:

  • leichtere Spielweise durch Handlichkeit und Gewicht
  • heller Klang
  • Solo- und Orchesterinstrument
  • viele Stücke aus dem klassischen Bereich, dem Jazz, Rock und Pop.

Contra

Die Literatur für Geigen ist oft virtuoser gestaltet und setzt eine längere Übungszeit voraus. Gleichzeitig werden hohe Ansprüche an Fähigkeiten und Fertigkeiten des Geigenspielers gestellt. Das hohe Niveau der Geigenliteratur orientiert sich an der herausragenden Stellung der Violine als Soloinstrument und als meist führender Stimme im Orchester. Oft wird die Melodie von den Geigen übernommen, während die anderen Instrumente Begleitfunktion haben. Der Beginn des Geigenspiels ist oft frustrierend, da viele technische Übungen am Anfang stehen, bevor man selbst eine angenehme Melodie spielen kann.

Gegen die Geige sprechen:

  • schwerer zu erlernen, da mit hohen Ansprüchen verbunden
  • lange Lernzeit bevor Erfolge hörbar sind
  • häufiges Üben
  • kompliziertere Literatur
  • verantwortungsvolle Position im Orchester
  • starke Konkurrenz.

Bratsche lernen – Pro & Contra

Bratschenspieler sind seltener, Solostücke für Bratsche auch. Doch in jedem Orchester und vor allem in jeder kammermusikalischen Zusammenstellung werden Bratscher gebraucht. Wer gern mit anderen zusammenspielt und den warmen Klang der Bratsche schätzt, wird sich mit diesem Instrument wohlfühlen. Obwohl das Erlernen der Bratsche durch die besondere Notierung der Noten schwieriger ist, steht die Bratsche im Schatten der Violine. Menschen mit einem gesunden Selbstbewusstsein stört das nicht.

Pro

  • Für die Bratsche sprechen die leichtere Literatur, die sich oftmals in Begleitstimmen bewegt und ihr warmer Klang, der gerade am Anfang das Üben erleichtert.
  • Die technischen Herausforderungen sind die gleichen wie beim Erlernen der Geige. Wer mit Bratsche beginnt, kann später auch Violine spielen oder umgekehrt.
  • Der soziale Aspekt sollte bei der Bratsche nicht vergessen werden. Sie ist ein Instrument, das in der Gemeinschaft klingt und das Miteinander fördert. Die geringere Konkurrenz kann ebenfalls ein Pluspunkt sein.

Für die Bratsche sprechen:

  • warmer Klang
  • Anfangsübungen klingen besser als auf der Geige
  • leichtere Literatur
  • soziale Aspekte, wie das Miteinanderspielen
  • geringere Konkurrenz bei Wettbewerben und bei Bewerbungen.

Contra

  • Die Bratsche ist für kleinere Hände unhandlicher und schwerer. Kinder-Bratschen beginnen erst mit Viertelinstrumenten. Mit dem Spielen der Bratsche kann man erst mit etwa 4 Jahren beginnen, während ein Einstieg in die Violine mit 3 Jahren möglich ist. Für das Spielen der Bratsche ist mehr Kraft notwendig.
  • Eine weitere Herausforderung besteht im C-Schlüssel. Während der Violinschlüssel in die gängige Notation einführt, hat die Bratschenliteratur diese einmalige Notation. Kinder müssen also 2 Notensysteme lernen, wenn sie sich weiter mit Musik beschäftigen.
  • Für die Bratsche gibt es wenig Solo-Literatur. Die Bratsche wird oft nicht wahrgenommen. Im Orchester spielt sie für den zuhörenden Laien eine untergeordnete Rolle, insofern ist sie ein „seltenes“ Instrument, obwohl sie zum Zusammenklang gebraucht wird.

Gegen die Bratsche sprechen:

  • unhandlicher für Kinderhände und wegen des schwereren Bogens schwerer zu Händeln
  • Einstieg in die Bratsche ist erst etwas später möglich
  • für das Spielen ist mehr Kraft erforderlich
  • Notation im C-Schlüssel
  • insgesamt wenig Solo-Literatur
  • Zusammenspiel mit anderen erfordert besondere Fähigkeiten, die erst erworben werden müssen
  • geringeres Prestige.

Für welches Instrument man sich entscheidet, hängt von vielen individuellen Faktoren ab: Soll ein kleines Kind ein Instrument lernen oder beginnt man als Erwachsener mit dem Spielen? Liebt man die große Herausforderung, den hellen strahlenden Klang oder schätzt man Teamwork und fühlt sich in der Gruppe wohl? Wünscht man sich Bewunderung und Ansehen und ist bereit, einiges dafür zu leisten, oder ist man bereit, viel zu üben und im Gemeinschaftsklang mit den anderen Instrumenten aufzugehen? Vor- und Nachteile werden individuell anders gewichtet. Die Entscheidung, ob Geige oder Bratsche das richtige Instrument ist, muss daher auch individuell getroffen werden.

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Dominik ist begeisterter Blogger in den Bereichen Filme, Serien, Musik und Videospiele, der sein breites Wissen und seine Leidenschaft für die vielfältigen Aspekte der Popkultur mit Begeisterung teilt.

E-Mail: dominik.sirotzki@popkultur.de