Basiert „München – Im Angesicht des Krieges“ auf einer wahren Geschichte?

„München – Im Angesicht des Krieges“ ist ein neues Netflix-Original-Drama unter der Regie von Christian Schwochow. Der Film spielt im Herbst 1938, als Europa am Rande des Krieges steht.

Worum geht es in „München – Im Angesicht des Krieges“?

Im Mittelpunkt stehen die Ereignisse rund um die Unterzeichnung des Münchner Abkommens, ein Vertrag, mit dem Hitler dazu gebracht werden sollte, im Gegenzug für die Einnahme eines umstrittenen Gebiets auf den Einsatz seines Militärs zu verzichten. Der Pakt wurde von Frankreich, Italien, Nazi-Deutschland und dem Vereinigten Königreich unterzeichnet, um einen globalen Krieg zu verhindern.

Adolf Hitler plant den Einmarsch in das Sudetenland in der Tschechoslowakei, was Konflikte auf dem ganzen Kontinent auslösen würde. Zuvor hat Hitler versichert, dass dies sein letzter Gebietsanspruch sein würde.

Der britische Premierminister Neville Chamberlain bittet den italienischen Ministerpräsidenten Benito Mussolini zu vermitteln.

Viele hoffen, dass die Konferenz in München, an der Delegationen aus Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich teilnehmen – darunter der britische Beamte Hugh Legat und der deutsche Diplomat Paul von Hartmann zu einer friedlichen Lösung des Territorialstreits führen wird.

Der britische Beamte Hugh Legat wird gebeten, das britische Team zu begleiten, um sich mit seinem alten Studienfreund, dem deutschen Botschafter Paul von Hartmann zu treffen, der über geheime Papiere verfügt, die Hitlers großen Plan verraten.

In der Folge verstricken sich Hugh und Paul in ein kompliziertes Netz aus Intrigen und bürokratischen Täuschungen, das ihre gesamte Mission zum Scheitern zu bringen droht.

Basiert „München – Im Angesicht des Krieges“ auf einer wahren Geschichte?

Munich – Edge of War. (L to R) Robert Bathurst as Sir Nevile Henderson, Jeremy Irons as Neville Chamberlain, Alex Jennings as Si
(c) Frederic Batier / NETFLIX
Nein. Die Handlung basiert auf Robert Harris‘ historischem Roman „München“ aus dem Jahr 2017. Der Roman basiert auf den Ereignissen im Herbst 1938, als Europa am Rande eines Krieges stand, weil das Dritte Reich unter Diktator Adolf Hitler sein Territorium erweitern wollte.

Sowohl im Film als auch im Buch werden einige historische Freiheiten verwendet, vor allem bei der Darstellung der Hauptfiguren Hugh Legat (George MacKay), Paul von Hartmann (Jannis Niewöhner) und Neville Chamberlain (Jeremy Irons).

Basieren Hugh Legat und Paul von Hartmann auf realen Personen oder auf fiktiven Charakteren?

Munich – Edge of War. (L to R) George MacKay as Hugh Legat, Jannis Niewohner as Paul Hartman, in Munich – Edge of War. Cr. Frede
(c) Frederic Batier / NETFLIX
Hugh Legat und Paul von Hartmann sind fiktive Figuren. Paul von Hartmann basiert jedoch teilweise auf dem Anti-Nazi-Diplomaten Adam von Trott zu Solz, der der Nazi-Partei beitrat, um verdeckte Aktionen gegen die Diktatur durchzuführen. Für den Charakter Hugh Legat scheint es keine reale Bezugsperson zu geben.

Adam von Trott zu Solz, der im Film Paul von Hartmann heißt, hatte ebenfalls in Oxford studiert. Er hat Neville Chamberlain nicht in München getroffen. In Wirklichkeit trafen sie sich im Juni 1939, lange nachdem Hitler das Münchner Abkommen gebrochen hatte.

Am 20. Juli 1944 wurde Oberst Claus von Stauffenbergs Versuch, Adolf Hitler zu ermorden, unter dem Codenamen Operation Walküre vereitelt. Am 26. August 1944 wurde er für schuldig befunden und hingerichtet.

Gab es wirklich geheime Dokumente, in denen Hitler seine Kriegspläne verriet?

Munich – Edge of War. (L to R) Jannis Niewohner as Paul Hartman, Sandra Huller as Helen Winter, in Munich – Edge of War
(c) Frederic Batier / NETFLIX
Ja. Der Film enthüllt, dass die Nazi-Dokumente, die Hugh Legat und Paul von Hartmann im Film versuchen, in die Hände von Neville Chamberlain zu schmuggeln, auf einem tatsächlichen Satz von Dokumenten basieren, die als Hoßbach-Niederschrift bekannt sind.

Die echten Unterlagen fassten Hitlers aggressive außenpolitische Strategie zusammen, die er am 5. November 1937 in Berlin formulierte. Hitler war der Meinung, dass die Abhängigkeit von anderen Nationen Deutschland schwächen würde, vor allem, weil diese Lieferungen in Kriegszeiten unterbrochen werden könnten. Hitler behauptete, dass die Übernahme von Nachbarländern der einzige Weg sei, um autark zu werden, da Deutschlands eigene Rohstoffe und Nahrungsmittel an bestimmten Orten unzureichend seien.

In der Hoßbach-Niederschrift gab Hitler seine Absicht bekannt, Deutschlands Grenzen gewaltsam zu erweitern und auch Österreich und die Tschechoslowakei zu erobern. Er erklärte auch, dass Großbritannien und Frankreich, zwei „hasserfüllte Gegner“, den Erfolg der deutschen Außenpolitik ständig verhindern würden. Innerhalb der nächsten fünf Jahre werde Deutschland keine andere Wahl haben, als Osteuropa zu erobern, um sich auf einen möglichen Krieg mit Großbritannien und Frankreich vorzubereiten.

Die Niederschrift wurde von Oberst Friedrich Hossbach verfasst. Hitler erklärte, dass der Inhalt der Niederschrift im Falle seines Todes als sein „politisches Testament“ betrachtet werden sollte.

Es gibt keine Beweise dafür, dass 1938 versucht wurde, die Hoßbach-Niederschrift in die Hände von Neville Chamberlain zu schmuggeln, um das Münchner Abkommen zu Fall zu bringen.

Gab es 1938 ein Komplott, um Adolf Hitler zu stürzen?

Ja. Der Plan der Anti-Nazis, Hitler 1938 gewaltsam von der Macht zu entfernen, eine historische Tatsache ist. Es ist auch wahr, dass sie vielleicht erfolgreich gewesen wären, wenn die Alliierten (Großbritannien und Frankreich) nicht zugestimmt hätten, dass Hitler in München einen Teil der Tschechoslowakei erobert. Wie im Film kurz angesprochen wird, hat auch die Unentschlossenheit des Widerstands, ob er Hitler ermorden oder verhaften sollte, seine Bemühungen behindert.

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Björn studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und ist seit 2018 Film- und Musikredakteur bei popkultur.de. Es gibt kaum etwas, das er mehr liebt, als seine Lieblingsfilme, TV-Serien und Musik mit anderen begeisterten Fans zu diskutieren.

E-Mail: bjoern.freiberger@popkultur.de

1 Gedanke zu „Basiert „München – Im Angesicht des Krieges“ auf einer wahren Geschichte?“

  1. Für den Charakter Hugh Legat gibt es eine Bezugsperson. Es ist A.L Rowse, der etwas ältere Freund Adam von Trotts während der gemeinsamen Oxfordzeit. Die enge Freundschaft wurde zunehmend durch die patriotischen Haltung von Trotts gegenüber Deutschland auch während der NS-Diktatur getrübt. Trotts Haltung gegenüber seinem Heimatland und seine Gegnerschft zum Nationalsozialismus wurde von Rowse als ambivalent empfunden. Zunehmend geriet er im englischen Freundeskreis in den Ruf ein „Appeaser“ zu sein. Rowse riet ihm, nicht nach Deutschland zurückzukehren und wollte ihm eine Stelle in Oxford beschaffen, denn er war schließlich schon einflussreicher Fellow am All Souls College. Trott kehrte aber nach Deutschland zurück, beendete seine juristische Ausbildung und fand schlielich eine Anstellung im Auswärtigen Amt. Dort arbeitete er verdeckt an außenpolitischen Plänen der Widerstandsbewegung und wurde zum engsten Berater Stauffenbergs. Vergeblich versuchte er auf vielen Auslandsreisen Zusagen der Alliierten für die Zeit nach einem Umsturz nach der Beseitigung Hitlers zu bekommen. Unter Einsatz seines Lebens unternahm er noch Reisen in das damalige Spionagezentrum Stockholm, wo er mit Secret-Service-Mitarbeitern der britischen Botschaft „verhandelte“. Was er nicht wusste war, dass diese Kontakte von seinen ehemaligen Freunden aus Oxford hintertrieben wurden und dass man ihn nur über die Situation des Widerstands in Deutschland ausfragen wollte. A.L. Rowse ging zwar trotz Angebot nicht in die englische Ministerialbürokratie, gehörte aber nach wie vor dem später antideutschen Kreis ehemaliger Oxfordstudenten an, die inwischen im Zentralbüro des Außenministeriums das Sagen hatten, und die er in ihrer Anti-Trott-Haltung bestärkte, die voll auf der Linie Churchills und Edens lagen. Das furchtbare Ende von Trotts am Galgen nachdem Scheitern des Attentats vom 20. Juli hat Rowse sein Leben lang bis zu seinem Tod mit 97 Jahren nie verwunden. Als einer der berühmtesten englischen Historiker des zwanzigten Jahrhunderts ist er in seinem umfangreichen Werk immer wieder auf die unglücklich geendete Freundschaft über Oxford hinaus zu sprechen gekommen.

    Dirk Norpoth M.A.
    Oehder Weg 27
    58332 Schwelm

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