Wer ein Second-Hand-Piano kaufen möchte, wünscht sich möglichst viel hochwertige Instrumentensubstanz, die gut klingt, und das auch noch zu einem möglichst günstigen Preis. Doch beim Kauf eines gebrauchten Klaviers muss auf Einiges geachtet werden, damit man keine Überraschung erlebt. Teure Reparaturen können schnell die Freude am Instrument verderben. Außerdem können zum Beispiel Anfänger auf einem schlechten Klavier nicht suffizient üben, und gerade Kinder können dann schnell den Spaß am Musizieren verlieren.
Allerdings muss ein gutes gebrauchtes Klavier nicht immer teuer sein. Auch ältere Klaviere, von denen meist ein besonderer, warmer Charme ausgeht, weil sie nun einmal aus echtem Holz, Filz und Metall erschaffen wurden, können ein echtes Schnäppchen sein und bieten viel Instrument für wenig Geld. Mit einer intensiven Suche, mit ein wenig Geduld und Glück ist es durchaus möglich, auf dem Gebrauchtmarkt ein echtes Trauminstrument zu finden. Bei der Suche nach einem guten Gebrauchtklavier ist auf einige Details zu achten, damit man sich keinen Ärger einhandelt, der meist sehr teuer werden kann.
Wie kann man also die Suche nach einem guten, aber günstigen gebrauchten Klavier angehen, damit man hinterher stolz und zufrieden auf dem Instrument spielen kann, ohne sich über größere Reparaturen oder Fehlfunktionen zu ärgern? Wer ein Klavier gebraucht kaufen möchte, sollte die folgenden Fragen beantworten.
1. Frage: Was für ein Instrument will ich überhaupt?
Bevor man sich ein gebrauchtes Klavier kauft, sollte man sich fragen, was genau man überhaupt für ein Instrument sucht – dieser Rat gilt selbstverständlich für alle Gebrauchtkäufe aller Instrumente. Vor dem Kauf sollte man sich daher unbedingt darüber klar werden, welchen Anspruch und Zweck das gute Stück letzten Endes erfüllen soll.
Wem von Anfang an klar ist, dass nur ein einfaches, aber solides Instrument gebraucht wird, um darauf zu üben, der sollte auch nach diesem speziellen Klavier suchen.
Wer einen Konzertsaal bestücken möchte, liegt daher mit einem 500 Euro Klavier von 1922, welches seit 25 Jahren im Keller steht, nicht ganz richtig. Genauso falsch wäre es, 40.000 Euro für einen sanierten Flügel auszugeben, nur weil die jüngste Tochter probieren möchte, ob ihr das Klavierspielen Spaß machen könnte…
Daher zuerst immer die Fragen stellen: Was suche ich, was brauche ich, was ist das Budget, was bin ich bereit für eine Sanierung des Instruments zu bezahlen? Sind diese Fragen geklärt, kann es mit der Suche losgehen.
Dazu ein Beispiel: in den Kleinanzeigen findet sich ein Klavier, das verschenkt werden soll. Es ist in gutem Zustand, muss aber für ca. 1000 Euro repariert werden, damit es wie neu ist. Dann waren diese 1000 Euro gut angelegt und ein Schnäppchen. Umkehrt ist es nicht sinnvoll, für 5000 Euro ein desolates Instrument zu kaufen, für dessen Reparatur der Klavierbauer nochmals 4000 Euro verlangt. Es geht also immer um sinnvolle Relationen.
Vorab ein wichtiger Rat: bestimmte Klaviertypen sollten von vorneherein eher nicht in die engere Wahl aufgenommen werden. Hierzu gehören die sogenannten Oberdämpfer-Instrumente, die meist schon 100 Jahre alt sind. Bei dieser Bauweise liegen die sogenannten Dämpfer oberhalb der Hämmer auf den Saiten, und leider ist mit dieser veralteten Bauweise meist ein hoher Wartungsaufwand verbunden, der teuer werden kann. Ist diese Mechanik vom Kauf an beschädigt, werden oft Hunderte Euro nur für die Reparatur dieser Dämpfermechanik notwendig. Man sollte hiervon also eher die Finger lassen. Diese Instrumente sind zwar mit ihren verschnörkelten Holzgehäusen und ihren plakativen Kerzenhaltern sehr dekorativ, aber es sind dann eher Möbel oder Dekorationsgegenstände zum Hinschauen denn praktikable, gut zu spielende Instrumente.
Es gibt außerdem einige Dinge, auf die der Laie achten kann. Sollte das Instrument wirklich teuer sein, sollte man es immer von einem Experten prüfen lassen, der genau weiß, worauf es zu achten gilt.
Was sind die Details beim Klavierkauf, die der Laie in bestimmten Grenzen beurteilen kann?
2. Der laienhafte Blick auf ein Gebrauchtklavier – was fällt ins Auge?
Der Laie kann sich durch eine erste Inaugenscheinnahme meist einen guten, aber auch oberflächlichen ersten Eindruck vom Instrument verschaffen.Der erste Schritt ist natürlich, das Instrument anzuspielen – sind dann schon grobe Fehler in der Mechanik bei fast allen Tasten ersichtlich, sollte man eher von der Kaufabsicht zurücktreten… Neben dem Spielen ist auch eine optische Inspektion sinnvoll. Denn wenn die Holzfront des Instruments schon übel aussieht, ist es meist im Inneren nicht unbedingt besser um den Zustand bestellt. Also genau hinsehen! Alle Klappen sollten geöffnet und die Mechanik inspiziert sowie die Saiten begutachtet werden. Viele Klaviere sind dann stark verstimmt, was meist aber kein Hinderungsgrund sein sollte.
Wichtig ist, dass die Mechanik ein gleichmäßigen, harmonischen Lauf zeigt. Offenbart der Blick in die Mechanik bereits Massen an Staub, Schimmel, Mäusekot und sonstigem Unrat, dann sollte man ein anderes Instrument wählen, da ein schlechter, schmutziger optischer Inneneindruck für einen sehr schlechten Wartungszustand des Instruments spricht.
3. Zustand der Hammerköpfe – Fallen sie schon auseinander?
Hat es das Instrument in die engere Wahl geschafft, kann man sich nun einigen Details der Inspektion widmen, die auch dem Laien auffallen können.Zunächst kann man sich die Hammerköpfe näher anschauen. Wenn ein gutes Instrument regelmäßig gespielt wurde (das spricht ja meist auch für das Klavier), dann sind bestimmte Verschleißerscheinungen im Bereich der Hammerköpfe normal. Dem Laien werden die typischen Rillen auffallen, die ein regelmäßig gespieltes Instrument bei jedem Hammerkopf aufweist. Es handelt sich hierbei um Abdrücke der Seiten im Hammerfilz, die auch bei neuen Filzen schnell entstehen können (je nach Spielweise und Beanspruchung). Rillen sind also völlig normal.
Schaut man jedoch die Hammerköpfe an und es fallen sofort, Fransen, tiefe Einkerbungen der Spielfläche, überstehende Filze oder gar abgebrochene Hämmer auf, sollte man unbedingt Vorsicht walten lassen.
Es können zwar die Hammerköpfen ersetzt werden, aber dann geht es um die preisliche Größenordnung 600-1000 Euro. Man muss also die die Kosten unbedingt abwägen, denn es ist fünf bis zehn Jahre notwendig (bei normalem Gebrauch), die Hammerköpfe durch einen Fachmann abziehen und ersetzen zu lassen.
4. Wie steht es um den Stimmstock?
Beim Stimmstock handelt es sich um die Verankerung der Saitenwirbel in einem Holzblock. Leider kann der Laie dies nur schwer bis gar nicht überprüfen, da der eigentliche Stimmstock oft durch Blech, Blenden oder auch den Rahmen verdeckt und auch insgesamt nur schwer zu beurteilen ist.
Alte Instrumente haben noch einen Stimmstock aus Vollholz, der allerdings sehr in die Jahren gekommen sein kann. Hier ist von Wurmbefall bis Fäulnis alles möglich. Glücklicherweise haben neuere, moderne Instrumente einen Stimmstock aus einer sehr beständigen Multiplex-Leimung, welche nahezu unkaputtbar ist. Dieses Bauteil ist aus zwei Gründen sehr belastet: zum Einen ist er engmaschig perforiert durch die nahe aneinander gebohrten Wirbellöcher, zum Anderen muss er je nach Saite eine Zugbelastung von bis zu 100 Kilogramm aufnehmen.
Es ist also offensichtlich, dass dieses Bauteil stark beansprucht wird. Leider kann der Stimmstock unter Trockenheit sehr leiden, da das Holz rissig wird und unter der hohen Dauerbelastung durch die Saiten dann auch reißen kann. Problematisch ist es, dass ein gerissener Stimmstock unter der Blende nicht zu erkennen ist.
Für den Laien ist also eine Beurteilung schwierig. Einen gewissen, indirekten Hinweis auf einen defekten Stimmstock kann eine extreme Verstimmung des Instruments geben. Durch die versetzte Anordnung der Wirbel kann dann jeder zweite Ton deutlich verstimmter sein als die Nachbartöne, je nachdem, wie der Riss im Stimmstock verläuft. Leider ist diese Beurteilung aber meist dem Fachmann vorbehalten, so dass der Laie hier leider im Dunkeln tappt und wenn er Pech hat, die Katze im Sack kauft.
5. Wie steht es um den Rahmen des Klaviers?
Der harfenartigen Gussrahmen des Klaviers trägt die komplette Belastung aller Saiten, welche unter einer erheblichen Spannung stehen. Diese Zugkräfte können eine Größenordnung bis 20 Tonnen erreichen. Ist dieser Rahmen defekt, handelt es sich um einen erheblichen Schaden. Zwar kann man mit speziellen Elektroden auch Gusseisen schweißen, aber die Reparatur eines solchen Rahmens kann sehr teuer werden. Kommen dann noch weitere Reparaturen dazu, bekommt man für die Größenordung der Kosten ein neues Anfängerklavier. Der Laie sollte also den Rahmen überprüfen: fallen hier grobe Schäden auf – Finger weg! Dieser Schaden ist je nach Ausmaß einem Totalschaden gleichzusetzen.6. Die Seele des Klaviers – der Resonanzboden: zeigt er Risse?
Die unter Spannung verleimte Holzschicht ist ebenfalls sehr empfindlich. Meist ist der Resonanzboden teilweise einsehbar. Ist ein Laie mit einem geeigneten Schraubenzieher bewaffnet und technisch nicht ganz unversiert, kann er die ca. fünf Schrauben, mit der die Mechanik befestigt ist lösen und diese herausziehen. Dann wird der aufschlussreiche Blick auf den übrigen Resonanzboden freigegeben.Sind hier wenige feine Risse sichtbar, kann meist ein größerer Schaden verhindert werden, wenn das Instrument in einem etwas feuchteren Raum aufgestellt wird, denn meist sind die Risse durch eine zu geringe Luftfeuchtigkeit bedingt. Sind aber klaffende Spalten sichtbar, ist dies ebenfalls meist ein klares Ausschlusskriterium, denn hierunter leidet sowohl der klangliche Gesamteindruck als auch die Stimmbarkeit.
Die Reparatur des Resonanzbodens ist zwar möglich, aber ebenfalls aufwendig. Die Kosten müssen hier ebenfalls abgewogen werden.
Fazit:
Der Laie sollte die genannten Punkte in Ruhe überprüfen, zur Not sollte er sich von einem Experten begleiten lassen. Natürlich sollte die Auswahl eines Instruments nicht nur rationalen und finanziellen Gründen folgen, sondern es sollte auch eine Herzensangelegenheit sein, bei der der gesunde Menschenverstand ebenfalls gefragt ist.
Oft ist es auch sinnvoll, in einem guten Klaviergeschäft nach überholten Instrumenten mit Garantie zu fragen. Oft bekommt man dann ein gutes, wertiges Instrument, dass oft deutlich unter dem Neupreis liegt, viel Freude macht und sich einfach wundervoll spielt und anhört.