Rap und Gewalt gehören irgendwie zusammen. „Ein Zerrbild, das nicht das gesamte Spektrum abdeckt“, sagen viele Kenner der Szene. Nicht zu Unrecht, denn Rap als Teil der Hip-Hop-Kultur ist weit mehr als Gangsta, Knarren, dicke Karren. Dennoch gehen die großen Labels seit vielen Jahren den leichten Weg, denn Gewalt verkauft sich besser als ein anspruchsvoller Text, der am Ende auch noch sozialkritisch interpretierbar ist. Das ist in den USA, dem Heimatland des Raps nicht anders als hierzulande.
Eine Berliner Postfiliale, der Otto-Versand oder verschiedene Politiker der Grünen wurden in den letzten Monaten Opfer von Bushidos Ausbrüchen. Der gepflegte Diss gegen andere gehört zur Imagepflege dazu wie das Werbebanner für die neueste Platte im Netz. Doch jenseits der musikalischen Gewaltphantasien oder der Gewalt in Texten gibt es in der Rap-Szene noch ein ganz anderes Gewaltproblem, das viel ernster ist. Zahlreiche Rapper werden selbst Opfer von Gewalt – in aller Regel ganz klassisch durch eine Kugel. Doch ist es so, dass aus Gewalt, die in Sprechgesängen kultiviert wird, tatsächlich Gewalt im echten Leben wird? Und wie ernst ist die zu nehmen? Was ist ein echtes Problem, was ist Inszenierung? Wir haben hier immerhin 25 Fälle zusammengetragen, in denen Rapper angeschossen wurden – und überlebten. Ist es ein Wunder, ein Zufall oder PR, dass es bei diesen 25 Fällen nicht mehr Tote gab?
Platz 25: 21 Savage
21 Savage feierte seinen 21. Geburtstag, es war der 22. Oktober 2013, als in Atlanta sechs Schüsse fielen. Der Hintergrund ist nicht zweifelsfrei geklärt. Einige Quellen sprechen von einem verkorksten Drogendeal. Andere Quellen gehen von einem verunglückten Raubüberfall aus. 21 Savage saß in einem geparkten Auto und bekam eine Kugel ab. Er kam durch, sein bester Freund Johnny schaffte es nicht. Das war nicht das erste Mal, dass 21 Savage an einer solchen Geschichte beteiligt war. Einer seiner Brüder starb nach einer Feuerattacke im Zusammenhang mit Drogengeschäften.
Platz 24: Bushwick Bill
Besonders übel hat es Bushwick Bill getroffen: Es war im Sommer des Jahres 1991, als der Frontmann der Geto Boys in einen heftigen Streit mit seiner Freundin gerät. Beide waren mit Drogen und Alkohol zugedröhnt, als die Auseinandersetzung eskalierte. Seine Freundin schoss Bushwick Bill, der Ende der 80er Jahre als Pionier der Explicit Lyrics galt, kurzerhand eine Kugel in den Kopf. Das Geschoss zerfetzte ihm das Auge und blieb inoperabel im Kopf stecken. Allerdings überlebte Bushwick die Attacke und nutzte sie PR-wirksam: Auf dem Cover seiner Platte „We Can’t Be Stopped*“ prangt ein Foto, das zeigt, wie er ins Krankenhaus eingeliefert wird. Die Scheibe wurde auch kommerziell ein Renner und verkaufte sich über eine Million Mal.
Platz 23: Cam’ron
Am 23. Oktober 2006 bewies Cam’ron, dass er wirklich ein harter Typ ist. Das damalige Mitglied des Rap-Kollektiv Diplomats stand mit seinem Lamborghini an einer roten Ampel in Washington DC. Vermutlich war es ein Versuch, Cam’ron den Sportwagen zu klauen. Jedenfalls ging das Carjacking vollkommen daneben. Cam’ron hatte zwar Schusswunden an beiden Armen abbekommen, konnte mit seinem Flitzer aber noch selbst zum Krankenhaus fahren und lieferte sich persönlich bei der Notaufnahme ab. Bei seiner Entlassung aus dem Krankenhaus sagte Cam’ron zu einem Reporter, „Ich wurde drei Mal angeschossen und mein Album kommt am 22. November.“
Platz 22: Fabolous
Fabolous hatte im Jahr 2006 nicht nur im Film mit Schusswaffen zu tun, als er in dem Klamauk-Streifen Scary Movie 4 einen Mann mit Waffe spielte. In der Nacht des 17. Oktober des gleichen Jahres kam er gerade mit drei Freunden aus einem Restaurant in Manhattan und war auf dem Weg zum Parkhaus, als ein Unbekannter das Feuer auf die Gruppe eröffnete. Fabolous hat dabei eine Kugel am Oberschenkel abbekommen. Ausgerechnet auf dem Weg ins Krankenhaus geriet die Gruppe in eine Polizeikontrolle. Die Beamten fanden in dem Wagen zwei unregistrierte Handfeuerwaffen. Die Handschellen klickten daraufhin und Fabolous erhielt seine Behandlung im Krankenhaus des Gefängnisses.
Platz 21: Freeky Zeekey
Ziemlich bizarr ist der Fall von Freeky Zeekey, der bis dahin eigentlich eher wegen seiner komischen Kommentare bei den Fans bekannt und beliebt war. Am 25. April 2003 geriet Freeky Zeekey in Midtown in einen Verkehrsunfall. Nichts ungewöhnliches, sollte man meinen. Jedoch entwickelte sich aus der Karambolage aus nicht bekannten Gründen eine handfeste Schießerei. Das Diplomats-Mitglied trug mehrere Schusswunden in Brust und Bauch davon, konnte aber ins Krankenhaus eingeliefert werden und überlebte trotz seiner schweren Verletzungen. Sein Freund Eric Mangrum hatte weniger Glück und starb. Einige Zeit später konnte die Polizei drei Tatverdächtige fassen. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Mordes, versuchten Mordes, versuchten Raubüberfalls und Angriffs.
Platz 20: French Montana
French Montana ist eigentlich weniger für die harte Seite des Rap bekannt, sondern neben seiner Musik vor allem auch für sein soziales Engagement. Dennoch wurde er in einen Schusswechsel verwickelt, als er im Jahr 2003 das Bronx-Studio verließ. Zwei Männer sprachen ihn an und eröffneten sofort das Feuer. French Montana wurde dabei in den Kopf geschossen, überstand den Mordanschlag aber knapp lebend. Nach einem langen Krankenhaus-Aufenthalt konnte er vollkommen genesen seine Karriere fortsetzen. So viel Glück hatte einer der Angreifer nicht, er wurde unglücklich von seinem Kollegen angeschossen und erlag wenig später seinen Verletzungen.
Platz 19: Ghostface Killah
Ghostface Killah hat selbst schon ein paar Monate im Gefängnis verbracht, als man ihn eines Raubüberfalls überführen konnte. Anfang der 90er Jahre wurde Ghostface Killah jedoch Opfer eines Schusses in Steubenville, Ohio. Die Hintergründe sind vollkommen unbekannt. Sicher ist nur, dass er aus der Aktion leichte Schussverletzungen am Arm und am Nacken davontrug. Kein Wunder, dass sein drittes Studioalbum „Bulletproof Wallets*“ hieß.
Platz 18: The Game
Der 1. Oktober des Jahres 2001 wurde zu einem Wendepunkt im Leben von The Game. Während eines Überfalls auf eine Drogenhöhle in Compton wurde The Game fünf Mal angeschossen. Nach einem dreitägigen Koma beschloss The Game, dem Leben auf der Straße und dem Drogenhandel den Rücken zu kehren und seine Musik-Karriere zu forcieren.
Platz 17: Lil Wayne
Gerade mal zwölf Jahre alt war Lil Wayne, als er sich im Jahr 1994 versehentlich mit einer scharfen Waffe selbst in die Brust schoss. Dass er seine schwere Verletzung überlebte, hat Lil Wayne einem Polizisten zu verdanken, der die Szenerie zufällig mitbekommen hat und den Jungen in New Orleans Krankenhaus fuhr. Dort kämpfte Lil Wayne mehrere Monate mit seiner Verletzung, bis er genesen entlassen wurde. Lil Waynes Stiefvater wurde für den Unfall verantwortlich gemacht und zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt.
Platz 16: Young Buck
Young Buck hatte wirklich Pech. Als er im Jahr 2000 aus New Orleans nach Nashville zurückkehrte, drangen bewaffnete Männer auf der Suche nach Drogen in sein Haus ein. Young Buck erlitt mehrere Schusswunden an den Beinen, dabei wurde die Arterien verletzt. Der Musiker wäre dabei fast verblutet, denn die Einbrecher hielten Young Buck für tot und ließen ihn einfach liegen. Nur knapp schaffte er es ins Krankenhaus, erhielt mehrere Blutkonserven und überlebte gerade so.
Platz 15: King Louie
Life With Louie pic.twitter.com/GGDBjBiFwd
— King Louie (@KingL) September 25, 2019
Weihnachten des Jahres 2015 verbrachte King Louie nicht im Kreis der Lieben unter dem Weihnachtsbaum, sondern im Krankenhaus. Ein unbekannter Schütze schoss dem Rapper in den Kopf. Zum Glück war die Verletzung nicht gravierend, sodass King Louie nach einigen Tagen die Klinik verlassen konnte.
Platz 14: Uncle Murda
Die verrücktesten Geschichten schreibt das Leben: Uncle Murda hatte gerade das Mixtape „Respect the Shooter“ veröffentlicht, als er selbst angeschossen wurde. Am 22. Januar 2008 saß er in seinem geparkten Auto am Linden Blvd in New York, als sich ein Unbekannter dem Fahrzeug näherte. Uncle Murda erlitt dabei eine Kopfwunde, die jedoch nicht lebensbedrohlich war. Später lancierte Uncle Murda Anspielungen, wonach die Polizei mit der Attacke auf ihn zu tun habe. Die Sache konnte jedoch nicht mit Beweisen untermauert werden und wurde zumindest öffentlich nicht weiter verfolgt.
Platz 13: 50 Cent
Es war der 24. März 2000, als 50 Cent in seinem Auto vor dem Haus der Großeltern in Queens saß. Unbekannte eröffneten das Feuer auf den Rapper, der dabei schwer verletzt wurde und gleich mehrfach angeschossen wurde. 50 Cent überstand die Attacke knapp und setzte seinen Weg an die Spitze der Rap-Szene fort. Bis heute sind die genauen Hintergründe der Schießerei nicht geklärt.
Platz 12: Troy Ave
Im Jahr 2016 hat Troy Ave gleich zwei Schießereien überlebt. Die erste ereignete sich während eines Konzertes am 25. Mai in Manhattan. Troy erlitt eine Schusswunde am Bein, sein Leibwächter starb und zwei Clubbesucher wurden verletzt. Troy Ave wurde festgenommen und wegen versuchten Mordes sowie wegen Waffenbesitzes angeklagt, nachdem Aufnahmen bekannt wurden, auf denen zu sehen war, wie Troy selbst das Feuer eröffnete. Bei einer Durchsuchung seines Vans wurden zudem Waffen gefunden, mit denen vorher geschossen wurde. Ganz ist der Fall noch nicht aufgeklärt, Troy Ave wurde inzwischen auf Kaution freigelassen. Am Weihnachtstag 2016 schossen Unbekannte dem Rapper in den Kopf. Die Verletzung war jedoch nicht lebensbedrohlich.
Platz 11: Lloyd Banks
Es war noch während der Zeit seines Aufstieges an der Seite von 50 Cent, als Lloyd Banks am 11. September 2001 vor einem Nachtclub in Queens angeschossen wurde. Er fing sich zwei Kugeln ein; eine in den Rücken, eine in den Bauch. Schwer verletzt und angeschossen schleppte sich Banks jedoch selbst ins nächstgelegene Krankenhaus und überlebte den Angriff.
Platz 10: Obie Trice
Detroit hat zwar den Ruf, eine besonders harte Stadt zu sein, aber der Angriff auf Obie Trice sprengte dann doch den Rahmen des Normalen. Der Rapper war in der Nacht zu Silvester 2005 mit seiner Freundin im Auto auf dem Highway unterwegs, als plötzlich mehrere Kugeln durch die Heckscheibe in das Fahrzeug eindrangen. Eine Kugel traf Obie Trice am Hinterkopf und schlug in den Schädel ein. Dennoch konnte der Musiker seinen Wagen sicher an den Straßenrand steuern; seine Freundin stoppte ein Polizeifahrzeug. Die Ärzte im Krankenhaus entschieden, die Kugel nicht zu entfernen, da die Operation zu riskant sei. Obie Trice überlebte den Angriff, die Täter wurden nicht gefasst.
Platz 09: Ol‘ Dirty Bastard
Ol‘ Dirty Bastard ist ein weiteres Mitglied des Wu-Tang Clans, das angeschossen wurde. Am 1. Juli 1998 wurde er in Brooklyn in einen Raubüberfall verwickelt und erlitt eine Schusswunde am Rücken. Die Verletzung war jedoch nicht gravierend. Ol‘ Dirty Bastard konnte das Krankenhaus nach einer ambulanten Behandlung wieder verlassen.
Platz 08: Gravy
Gravy kann die Zähne zusammenbeißen: Am 6. April 2006 war er gerade auf dem Weg zu einem Interview in das Studio des New Yorker Radiosenders Hot 97, als ein Unbekannter sich dem Musiker näherte und ihm in den Hintern schoss. Gravy ließ sich nicht weiter beirren und zog das Interview bei dem Radiosender durch. Erst danach machte er sich auf den Weg in ein Krankenhaus, das er nach einer kurzen ambulanten Behandlung wieder verlassen konnte. Nach der Attacke wurde gemunkelt, dass Gravy die Schießerei womöglich inszeniert haben könnte, um seine Ansehen auf der Straße zu erhöhen. Beweisen konnte das freilich niemand.
Platz 07: Trae Tha Truth
Am Morgen des 20. Juni 2012 geriet der Musiker Trae Tha Truth in eine Schießerei, als er einen Houstoner Stripclub verließ. Während Truth im Kreuzfeuer selbst nur einige Kugeln mit der Schulter einfing, wurden drei andere Personen tödlich verletzt. Truth selbst twitterte noch aus dem Krankenhaus, dass es ihm gut ginge. Im Januar 2017 filmte sich Trae Tha Truth dabei, wie er sich die Kugel selbst aus der Schulter entfernte und veröffentlichte das Video in sozialen Netzwerken.
Platz 06: Beanie Sigel
Beanie Sigel ist während seiner Karriere dem Tod mehr als ein Mal von der Schippe gesprungen. Am 5. Dezember 2014 war es jedoch besonders knapp. Vor seinem Haus in Pleasantville, New Jersy lauerten Unbekannte dem Musiker auf und schossen ihm eine Kugel in den Bauch. Schwer verletzt wurde Beanie Sigel in ein Krankenhaus eingeliefert. Während der Behandlung stellte sich heraus, dass der Rapper einen Lungenflügel aufgrund seiner schweren Verletzungen verlieren würde. Einige Zeit später hat er sich jedoch von seinen Verletzungen erholt und setzt seine Karriere fort – jedoch aufgrund seiner Lungenverletzung mit einer veränderten Stimme.
Platz 05: B-Real
Seit seiner Zeit bei Cypress Hill gilt B-Real eigentlich als ruhiger Vertreter des Genres. Aber es gab auch andere Zeiten: 1988 wurde B-Real während eines Drogen-Deals in South Gate angeschossen. Dabei wurde seine Lunge punktiert. Er erholte sich zwar schnell von seiner Verletzung, nahm das Ereignis jedoch zum Anlass, aus der Bloods-Gang auszutreten.
Platz 04: 2Pac
2Pac war während seiner Karriere in viele gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt, die meistens mehr mit Drogenhandel als mit Musik zu tun hatten. Besonders sticht jedoch das Quad Studios Shooting am 29. November 1994 in New York hervor. In der Lobby des berühmten Studios schossen Angreifer fünf Mal auf den Rapper, der dabei schwer verletzt wurde, aber durchkam. Nur zwei Jahre später geriet 2Pac erneut in eine Schießerei, als in Las Vegas jemand das Feuer auf ihn eröffnete und starb.
Platz 03: YG
Es war der 12. Juni 2015. YG (Abkürzung für Young Gangsta) arbeitete in seinem Studio in Los Angeles an dem Nachfolger seines Debüt-Albums „My Krazy Life“. Unbekannte drangen in das Studio ein und schossen auf YG. Drei Kugeln trafen ihn in die Hüfte. Gegenüber der Polizei verweigerte der Rapper später jegliche Aussage, sodass die Polizei die Ermittlungen unverrichteter Dinge einstellen musste. In seinem Song „Who Shot Me?“ auf dem Album „Still Brazy“ verarbeitet YG die Attacke.
Platz 02: Oschino
Für Oschino war die Schießerei am 27. Juni 1997 offenbar Glück im Unglück: Gleich neun Kugeln fing sich der bis dahin nicht sehr bekannte Rapper in Philadelphia ein. Nur wenige Wochen später konnte er einen gut dotierten Plattenvertrag bei Roc-A-Fella Records unterzeichnen.
Platz 01: MF Grimm
Hauptfigur eines besonders tragischen Vorfalls des Jahres 1994 war der Rapper MF Grimm. Rivalisierende Drogendealer schossen in New York gleich sieben Mal auf den aufsteigenden Rapper. Grimms Halbbruder und Manager Jansen Smalls wurde bei diesem Schusswechsel tödlich getroffen, während MF Grimm schwer verletzt überlebte. Seither ist er jedoch fast blind, taub und von der Hüfte an abwärts gelähmt.
Es ist bemerkenswert, dass nur wenige dieser 25 spektakulären Fälle aufgeklärt werden konnten. Oft schossen Unbekannte aus dem Hinterhalt, ebenso oft verweigerten die Opfer selbst jede Kooperation mit den Ermittlungsbehörden. In nur wenigen Fällen kam der Verdacht auf, es könnte sich bei dem Schusswechsel um eine inszenierte PR-Aktion handeln.