Jeder Vollblutmusiker träumt davon, mit seinem Schaffen und mit seinem Können Geld zu verdienen und somit seine Leidenschaft zum Beruf werden lassen zu können. Völlig abgesehen von den anderen positiven Resultaten, die damit einhergehen können und die sich jeder Künstler insgeheim wünscht: Interview-Anfragen, Musikvideos im Fernsehen, im Radio gespielte Lieder und Fans, die einen auf der Straße erkennen und nach einem Autogramm fragen. Wem dies gelingt, der glaubt sich am Ziel aller Sehnsüchte. Glück, Talent und auch ein wenig das „zur richtigen Zeit, am richtigen Ort“ gehören dazu. Bei Letzterem haben die Musiker oftmals keinen Einfluss mehr – da sie unsere Erde zu früh verlassen mussten. Sie werden nie erfahren, dass ihre Musik sie doch noch zu Stars machte, deren Platten sich millionenfach verkauften und zahlreich ausgezeichnet wurden. Seht selbst, welche Sänger und Sängerinnen erst nach ihrem Abschied von der Welt zu populären und einflussreichen Künstlern wurden.
Eva Cassidy
Für ihre Interpretationen von Klassikern aus den Genres Gospel, Jazz, Soul, Folk, Pop und Rock wurde die im Februar 1963 in Washington D.C. geborene Eva Cassidy posthum weltberühmt.
Ende 1993 wurde bei ihr ein bösartiges Melanom, also ein die Pigmentzellen befallender Tumor, entdeckt. Dieser wurde ihr zwar entfernt, anschließend angestandene Nachuntersuchungen besuchte sie jedoch nur sehr unzuverlässig. Drei Jahre später waren sowohl ihre Lunge, als auch ihre Knochen von Krebs befallen. So sehr, dass jede Chemotherapie ohne Aussicht auf Erfolgschancen eingestuft wurde. Noch im selben Jahr verstarb sie im alter von 33 Jahren. Ihre Freundin Grace Griffith, eine Folksängerin, sendete daraufhin Aufnahmen von Eva Cassidy an den Chef ihrer Plattenfirma. Dieser veröffentlichte dann 1998 die Kompilation „Songbird*“ – die in zahlreichen Ländern ein Top 10-Erfolg wurde. Bis heute erreichten drei ihrer Platten Platz 1 der britischen Charts, während sie nach ihrem Ableben weltweit mehr als zehn Millionen CDs verkaufen konnte.
Otis Redding
Der aus Georgia stammende Sänger, der den Beinamen „King of Soul“ trägt, war zu Lebzeiten immerhin auf einem guten Weg: Zwischen 1964 und 1967 brachte er sechs Studio-Alben auf den Markt, die sich fast alle in den Top 100 der Billboard-Hitliste platzieren konnten. Hierbei am erfolgreichsten war die Platte „King & Queen*„, die er 1967 gemeinsam mit Carla Thomas veröffentlichte und die bis auf den 36. Rang kletterte.
Sein Leben musste er am 10. Dezember desselben Jahres mit nur 26 Jahren lassen: Auf dem Weg zu einem Konzert in Wisconsin stürzte sein von zwei Motoren betriebener Flieger ab, mit welchem er gemeinsam mit vier Mitgliedern seiner Band im Monona-See versank. Die im Jahr darauf veröffentlichte Platte „The Dock of the Bay*“ avancierte dann zu seinem größten Erfolg: Sie stieg bis auf Platz 4 der US-Charts, in Großbritannien sogar bis an die Chartspitze. In beiden Ländern verkaufte er bis heute mehr als sieben Millionen CDs.
Israel Kamakawiwoʻole
In seiner Heimat Hawaii avancierte er noch zu Lebzeiten zu einer Art Nationalheld: „Iz“, der sich stets auf der Ukulele selbst begleitet hatte und an Fettleibigkeit litt – was ihm im Juni 1997 auch zum Verhängnis wurde. Er verstarb mit einem Gewicht von über 340 Kg durch Atemnot. Nach seinem Tod ordnete die Regierung Staatstrauer an und seiner Gedenkfeier wohnten mehr als 10 000 Menschen bei. Außerhalb seiner Heimat machte ihn vor allem das Cover-Medley von „Somewhere Over the Rainbow“ und „What a Wonderful World“ berühmt. So beförderte ihn dieses 2010 auf Platz 1 der Hitlisten in Deutschland, in der Schweiz und auch in Frankreich. Hierzulande und auch in den Vereinigten Staaten erreichte es sogar Platinstatus. Ebenfalls sein zweites Album „Facing Future“ aus dem Jahr 1993 avancierte sieben Jahre nach der Erstveröffentlichung zu einem Erfolg: Es landete auf dem 30. Platz der europäischen Top 100.
Nick Drake
Der britische Singer-Songwriter veröffentlichte seine Musik Ende der 1970er und zu Beginn der 1980er Jahre. Doch alle drei Alben, die ihre Arrangements betreffend ziemlich einfach gehalten wurden und heute in Großbritannien dennoch oder gerade deswegen allesamt Goldstatus erreicht haben, blieben zur Zeit ihrer Veröffentlichungen erfolglos: „Five Leaves Left*“ (1969), „Bryter Layter*“ (1971) und „Pink Moon*“ (1972). Schon sehr früh litt der schüchterne und zurückhaltende Sänger an Depressionen, weshalb er sogar ein Studium an der Cambridge abgebrochen hatte. 1974 wurde der damals 26-Jährige nach der Einnahme einer Überdosis Antidepressiva tot in seinem Bett aufgefunden – es konnte nie geklärt werden, ob es sich hierbei um einen Unfall oder um Absicht gehandelt hatte. Im Jahr 2000, als Volkswagen einen seiner Titel für einen Werbespot einsetzte, setzte der Erfolg ein. 2004 landete „Made to Love Magic*„, ein Best of, in den englischen und irischen Charts. Im gleichen Jahr enterte er mit „Magic*“ und „River Man*“ die britische Single-Bestsellerliste.
Johann Sebastian Bach
Heute gilt der 1685 in Eisenach geborene Deutsche rund um den Globus als einer der besten und einflussreichsten Komponisten aller Zeiten – selbst Ludwig van Beethoven diente er als Quelle der Inspiration: „Das wohltemperierte Klavier“, „Die Kunst der Fuge*“ oder „Die Brandenburgischen Konzerte*„. Seine Werke machten ihn global zu einem der bekanntesten Deutschen – jedoch erst lange nachdem er im Jahr 1750 gestorben war. Zu Lebzeiten kannten und schätzten ihn nur so genannte Musikkenner, seine Werke gingen nach seinem Tod sogar in der Versenkung unter. Erst 1829, fast 80 Jahre später, genossen seine Kompositionen durch das Aufleben der Stilrichtung „Wiener Klassik“ eine ungebrochene Popularität, die nie wieder abreißen sollte.
Bradley Nowell (Sänger von Sublime)
Mit der Demo-CD „Jah Won’t Pay the Bills*“ und ihrem ersten Album „40 OZ. to Freedom*“ machten sich die Gruppe bereits einen Namen in der Szene des so genannten Ska Punk. Von ihrer ersten Platte konnten sie im Rahmen ihrer Auftritte in eigenem Antrieb sogar 30.000 Exemplare unter die Leute bringen. Wenige Monate nach der Veröffentlichung ihres zweiten Longplayers „Robbin‘ the Hood*“ im Jahr 1994 unterzeichneten sie einen Plattenvertrag bei MCA Records. Zwei Jahre später sollte also die erste LP mit einer Plattenfirma im Rücken auf den Markt kommen – doch nur zwei Monate vor der geplanten Veröffentlichung fand man Bradley Nowell, den Sänger der Band, nach der Einnahme einer Überdosis Heroin während einer durchzechten Nacht tot in einem Hotelzimmer. Das nach ihnen selbst benannte Album avancierte dennoch zu einer der erfolgreichsten Rock-Platten des Jahres. Bis heute wurde es sechs Millionen Mal verkauft.
Jeff Buckley
Der Sänger, der heute vor allem für seine Version des Leonard Cohen-Hits „Hallelujah“ bekannt ist – welche 2008 Platz 2 der britischen Single-Charts belegte – wurde im November 1966 in Kalifornien geboren. Er kam im Mai 1997 im Wolf River, einem in den Mississippi River fließenden Fluss, ums Leben. Spontan – ohne unter dem Einfluss von Drogen, Medikamenten oder Drogen zu stehen – ging er völlig bekleidet ins Wasser. Als er etwa die Mitte des Flusses erreichte, zog ihn die Bugwelle eines Schiffes unter Wasser und er ertrank.
Somit blieb „Grace“ (1994) sein erstes und einziges Studio-Album. Nach seinem Ableben entwickelte es sich zu einem Selbstläufer: Es gilt als eine der besten Platten der 1990er Jahre. Das Rolling Stone-Magazin nahm es 2003 in seine Liste der besten Alben aller Zeiten auf, ihn selbst im Jahr 2008 in die Auflistung der 100 besten Sänger aller Zeiten. In den USA, Großbritannien, Italien und in Australien wurde „Grace“ mittlerweile, zum Teil mehrfach, mit Platin ausgezeichnet.
Ian Curtis (Sänger von Joy Division)
Mit ihrem ersten Longplayer „Unknown Pleasures“ machten die Mitglieder von Joy Division 1979 auf sich aufmerksam – sie landeten in Neuseeland sogar an der Spitze der Hitliste. Doch erst mit ihrem zweiten Longplayer „Closer“ 1980 sollten sie, nachdem die Band einen entsprechenden Plattenvertrag unterzeichnete, international so richtig durchstarten. Im Rahmen der Veröffentlichung der neuen Platte wurde sogar eine Tournee durch die Vereinigten Staaten organisiert, doch so weit sollte es nicht kommen. Zwei Tage vor dem Start der Konzertreise erhängte sich Ian Curtis in der Küche seines Hauses in Macclesfield. Seine Entscheidung zum Freitod wurden seine Beziehungsprobleme mit Ehefrau Deborah Woodruff und seiner Erkrankung an Epilepsie zugeschrieben. Anschließend avancierte „Closer“ zu einem Top 10-Erfolg in Großbritannien und in Ozeanien. Sowohl „Unkown Pleasures“, als auch „Closer“ wurden mittlerweile mit Gold ausgezeichnet.
Selena Quintanilla-Pèrez
Ihren ersten Auftritt vor Publikum hatte die Sängerin aus Texas bereits als Achtjährige, erste Aufnahmen wurden produziert, als sie das neunte Lebensjahr erreicht hatte. Ihre Alben „Selena“ (1989), „Ven Conmigo*“ (1990), „Entre a Mi Mundo*“ (1992) und „Amor Prohibido*“ (1994) machten sie zu einem Superstar in der Latino-Szene der Musikbranchen in Mexiko und in den USA. Zahlreiche Hits etablierten sich in den US Latin-Charts, 1994/1995 konnte sie sogar mit vier Singles hintereinander Position 1 dieser Hitliste erreichen. Bis zu ihrem Tod 1995 arbeitete sie an ihrem ersten englischsprachigen Album „Dreaming of You*„. Dieses enterte nach ihrem Ableben Platz 1 der US Latin-Charts, den ersten Rang der Billboard-Charts und den 16. Rang der Bestsellerliste in Kanada. Ermordet wurde sie von ihrer ehemaligen Fanclub-Präsidentin Yolanda Salvidar, die ihr nach einem Streit in einem Hotel in Texas in den Rücken schoss.
Robert Johnson
Erst lange nach seinem Tod 1938 – bei welchem er 27 Jahre alt gewesen ist – wurde ihm der Respekt für sein Schaffen gezollt: 1980 wurde er in die Blues Hall of Fame aufgenommen, 1986 in die Rock and Roll Hall of Fame. 2006 erhielt er posthum den Grammy Lifetime Achievement Award. Zu Lebzeiten verkauften sich seine Platten nur schleppend, nicht selten erzielten die Verkäufe Zahlen lediglich im zweistelligen Bereich. Einen Kontrast hierzu stellt die Veröffentlichung seiner gesamten Titel als Doppel-CD durch die Plattenfirma Columbia im Jahr 1990 dar: diese verkaufte sich in den daraufhin folgenden Jahren weltweit zwei Millionen Mal. Des Weiteren beeinflusste er viele bekannte Musiker wie John Hammond oder Eric Clapton, die mit „At the Crossroads“ (2003) bzw. „Me and Mr. Johnson“ (2004) sogar Tribute-Alben auf den Markt brachten. Seine genaue Todesursache ist bis heute unbekannt.
Ihre Werke können Musiker künstlerisch unsterblich machen – ganz egal, wann sie durch ihre Aufnahmen populär geworden sind. Die hier zehn aufgelisteten Interpreten sind das beste Beispiel für die Wahrheit einer solchen Behauptung. Über Generationen hinweg haben sie mit ihrem Talent das Publikum begeistert und sie werden auch noch in Zukunft zahlreiche Menschen mit ihrem Wirken berühren.
Mit Sicherheit hast auch Du den ein oder anderen Künstler wiedererkannt, von dem Du gar nicht gewusst hast, dass dieser niemals von seiner posthumen Berühmtheit erfahren würde. Auch wenn ihnen ihre Einzigartigkeit zu Lebzeiten nicht gezeigt werden konnte, können sie stolz auf das Erreichte sein. Auf jeden Fall sind die Fans und Musikliebhaber stolz und Dankbar dafür, dass diese Künstler Teil dieser Musik-Maschinerie wurden – auch wenn sie selbst nicht mehr all zu viel davon haben. Vielleicht schauen sie ja dennoch mit einem Lächeln von oben herab.